Du isst kein Fleisch? Warum?
Wenn ich neue Menschen kennenlerne, kommt irgendwann der Punkt, an dem ich mich erklären muss. Ein von mir gefürchteter Moment, denn manchmal entspinnt sich daraus eine Diskussion, die ich lieber vermeiden würde. Die Stimmung wird angespannt. Es ist ein Aufregerthema. Für mich, aber auch für die meisten Menschen, die sich durch den Kontakt mit mir damit konfrontiert sehen.
Es geht um die eigenen Überzeugungen, Werte und um Verantwortung.
Daher hab ich mich entschlossen einen Blogartikel über meine Beweggründe für ein fleischloses Leben zu schreiben und künftig nur noch zu entgegnen:
`Weil es viele gute Gründe gibt keine Tiere zu essen` und dann gibt`s einen QR Code auf`s Smartphone
Schnitzel fand ich immer superlecker
Als Kind war bei uns zuhause Fleisch wichtig. Meine Eltern hatten beide als Kinder die Not des Krieges und der Zeit danach erlebt. Daher empfanden sie Fleischgerichte als unverzichtbaren Luxus, als Zeichen, dass man es geschafft hatte. Die Wochenendhighlights waren Schnitzel, Kotelett oder ein Braten. Ich mochte das immer sehr gerne, vor allem Brathähnchen war mein Favorit.
Ich kann also nicht sagen, dass ich den Geschmack von Fleisch nicht mag.
Ich glaube auch nicht, dass es unserer evolutionären Natur entspricht, grundsätzlich auf tierische Nahrungsmittel zu verzichten.
Ich habe aber nie Not oder Hunger erlitten und ich kann im Supermarkt zwischen 20 Sorten Klopapier und 30 Sorten Cornflakes wählen. Ich weiß mittlerweile, dass Schnitzel & Co. unter unvorstellbar grausamen Industriemethoden hergestellt werden.
Angefangen über Fleischproduktion und Konsum nachzudenken habe ich erst, als ich mit 19 wählen durfte. Ich beschäftigte mich deswegen zum ersten Mal begeistert mit Politik. Es war die Zeit nach Tschernobyl und ich lernte viel über Umweltbedrohungen, Klimaveränderung und die Folgen unseres immer größer werdenden Hungers auf Ressourcen.
Bei einem Vortrag der Grünen erfuhr ich, dass Legehennen nur eine Fläche kleiner als eine DIN A4 Seite zum Leben bleibt. Das hat mich geschockt. In den Medien wurden die Misstände der Massentierhaltung thematisiert ( z.B. in einem Spiegel Artikel 02/1987) Daraufhin lebte ich erst mal komplett fleischlos. Ich hatte Dreadlocks und war in vielen Bereichen ohnehin anders als die meisten in meinem Alter, daher störte es mich nicht anzuecken.
Wissenschaftler verkündeten schon damals, dass wir auf Grund unseres weiterhin steigendem Fleischkonsum die ebenfalls stetig wachsende Weltbevölkerung nicht mehr ernähren werden können. Seit ich Kinder habe, frage ich mich wie wir Ihnen das erklären sollen.
Grund 1: Nur weil alle etwas tun, oder weil wir es schon immer so gemacht haben, muss es nicht richtig sein. Ich möchte für etwas einstehen, das mir wichtig ist.
750 Millionen Tiere werden pro Jahr in Deutschland geschlachtet
Im Laufe seines Lebens, isst jeder Deutsche 1.094 Tiere auf. Darunter z.B. 945 Hühner und 4 Rinder. Damit produzieren wir mehr klimaschädliches CO2, als wir mit einem eigenen Auto unser ganzes Leben lang produzieren würden. Die Produktion von Fleisch, Milch und Eiern ist für 51% der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich (Quelle: WWI Studie 2009)
Für die Herstellung von 1kg Rindfleisch benötigt man so viel Wasser, wie für 1 Jahr lang Duschen. Bis zu 8 Kilo Weizen müssen in die Herstellung von 500 Gramm Fleisch gesteckt werden. 8kg Weizen können hingegen 8 Menschen täglich ernähren.
Der Regenwald wird zerstört und tausenden von Kleinbauern wird täglich ihre Lebensgrundlage per Landgrabbing entzogen, um weitere Anbauflächen für Tierfutter zu schaffen.
So könnte ich unendlich viele Fakten aufzählen, die belegen, dass wir uns mit unserem enormen Hunger auf Fleisch selbst schaden und unsere Welt zerstören. Hier in Deutschland können wir uns nicht vorstellen, wie das ist, wenn man keinen Zugang zu Trinkwasser hat. Wir leiden nicht unter den Flutkatastrophen, Hitzewellen und weiteren, lebensbedrohlichen Auswirkungen der Klimaveränderungen. Nur wenige leiden Hunger, oder wissen nicht, wie sie ihrem Kind morgen eine Mahlzeit zur Verfügung stellen können.
Vielleicht fällt es deswegen vielen so schwer bewusster mit Konsumentscheidungen umzugehen.
Grund 2: Wissen schafft Verantwortung. Ich möchte durch mein Konsumverhalten nicht die Qualen der Tiere und die Folgen der übermäßigen Fleischproduktion unterstützen.
Wenn wir nur glückliche Tiere essen wollen, sollten wir mit unseren Haustieren anfangen
Ich liebe Tiere. Das geht sicherlich den meisten Menschen so, oder ? Es gibt nichts Schöneres, als einen Hund oder eine Katze als lieben Freund und Partner in seinem Leben zu wissen. Niemals kämen wir auf die Idee, unseren Hund oder unser Meerschweinchen quälend zu mästen und dann zu verspeisen. Warum ? Weil wir sie als Sozialpartner betrachten, weil wir eine Beziehung zu Ihnen haben.
Das gilt wohl nicht für die Millionen von namenlosen Tiere und Tierkinder, die für unseren gierigen Hunger auf Fleisch gequält, geschunden und dann oft ohne Betäubung geschlachtet werden. Da macht auch die sogenannte artgerechte, biologische Tierhaltung keinen Unterschied. Tiere aus Biohaltung kommen in den selben Schlachthof, erleiden dieselbe Tortur.
Was ist denn mit Empathie ? Durch unsere Entscheidung das Pfund Hackfleisch für 1,99€ zu kaufen unterstützen wir weiterhin dieses schreckliche System. Können wir bewusster Konsumieren ? Sind wir denn immer noch nur triebgesteuert ? Können wir das mit unserem Gewissen vereinbaren ?
Grund 3: Die Maßlosigkeit mit der wir Lebewesen ausbeuten und quälen nur weil wir dazu in der Lage sind, macht mich unglücklich.
Die Lebensmittelindustrie betrügt uns
Wie kann es sein, dass ich für ein Kilo Äpfel mehr zahlen muss, als für ein Kilo Schweinefleisch ? Warum gibt es ständig diese ekligen Gammelfleischskandale ? Wieso muss ich schon das 3. Antibiotikum nehmen und es hilft nicht ?
Die Agrar- und Lebensmittellobby ist mächtig. Milliarden werden jährlich in die Subventionierung von Tiermastbetrieben investiert. So kommt der unnatürlich günstige Preis des Fleischs zustande. Die Tiere bekommen, weil sie auf engstem Raum zusammengepfercht sind, die gleichen Antiobiotika Wirkstoffe wie wir, nur mehr als doppelt so viel. Das hat zur Folge, dass sich immer mehr resistente Keime herausbilden und sogar Medikamente gegen Malaria und Tuberkulose bei Menschen manchmal nicht mehr wirken.
Damit die vielen Tiere überhaupt satt werden, brauchen sie sehr viel Futter. Um den Ertrag zu steigern, wird mit Stickstoffhaltigem Dünger gedüngt, der immense Umweltschäden verursacht und gesundheitsgefährdend ist.
Bio soll uns ein gutes Gewissen geben. Dabei sieht es bei der biologischen Tierhaltung nicht viel besser aus. So werden z.B. auch bei den Bio-Legehennen Betrieben die männlichen Küken direkt nach dem Schlüpfen geschreddert oder vergast, da sich die Mast der Hähnchen nicht lohnt. (Ausname: Demeter)
Laut Umfragen sind rund 70% der deutschen Bevölkerung gegen gentechnisch behandelte Lebensmittel. Dabei gibt es dafür keine Kennzeichnungspflicht und bei Fleisch weiss der Verbraucher nicht, ob nicht gentechnisch veränderter Mais oder Soja verfüttert wurde.
Das alles verschleiert die Industrie. Was sie uns zeigt ist ein Bild mit blühenden Wiesen und glücklichen Kühen, eine Märchenwelt die wir nur allzu gerne als Realität sehen wollen.
Grund 4: Ich will wissen was ich esse
Fleisch ist ein Stück Lebenskraft ?
Viele Marketingslogans haben Tiefenwirkung. Sie haben sich, vor allem bei meiner, der Fernsehgeneration X tief in unser Bewusstsein gegraben. Der Frischmilchaxel, der uns einbläute: `Die Milch macht`s !` oder die mittlerweile abgewickelte CMA (Centrale Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft mbH i.L.) mit ihrem , Fleisch ist ein Stück Lebenskraft` – die Kampagnen der Lebensmittelindustrie wirken auch heute noch nach.
Dabei wissen wir doch mittlerweile wie schädlich unser übermässiger Fleischkonsum ist. Auch Milch ist nicht wirklich gesund. Seit einigen Jahren häufen sich die Laktose Intoleranz Diagnosen, weil man mittlerweile die Symptome deuten kann, die sonst unerkannt viele Menschen geplagt haben.
Sogar die Mär, dass starke Männer Fleisch brauchen, ist längst überholt, seit vegane Zehnkämpfer, Boxer und Marathonläufer am Start sind.
Eine Ernährung ohne Fleisch ist vielleicht etwas aufwändiger. Man muss natürlich etwas besser überlegen, was zusammenpasst, was knusprig, herzhaft und mit Biss ist. Aber die Vorteile sind vielfältig. So habe ich gelernt viel bewusster zu essen, mein Essen mehr zu schätzen und besser zu kochen.
Grund 5: Fleischlos kochen ist spannend vegetarisch und vegan essen ist lecker und gesund
Hier noch ein paar weitere interessante Informationen zum Thema :
VEBU – 12 Fragen zum Thema Fleisch
Ausgefallene Veggie Rezepte vom BR
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